Grundschule Elsfleth

 
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Rede zum Festakt von Karen Freels

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler, sehr geehrte Frau Fuchs, sehr geehrter Herr Kliegelhöfer, sehr geehrter Herr Siefken, sehr geehrte Landtagsabgeordneten und alle, die sich der Grundschule Elsfleth verbunden fühlen.

Ich freue mich, Sie alle zu unserem Jubiläum begrüßen zu können.

Bitte entscheiden Sie selbst, ob Sie eine Mund-Nasenbedeckung tragen möchten!

Durch unser Programm führen uns heute Mirja und John – Luca aus der Klasse 4c.

Unsere Schule- ein Jubiläum und was für eines. Es gibt wohl nicht allzu viele Schulen, die sagen können, dass sie ihren 150 Geburtstag feiern können, Zeitzeugen von der Gründungszeit werden wir keine finden, auch Schulkinder, die in den ersten Jahren hier zur Schule gegangen sind, leben nicht mehr.  Aber ich habe ja die Schatzkiste aus meinem Büro, die Elsflether Chronik und die Erlebnisse aus den vergangenen Jahrzehnten von Kolleginnen und Kollegen und ehemaligen Schülerinnen und Schülern. Das alles zusammen ist ein reicher Erfahrungsschatz über Generationen. Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle an Frau Walter und Frau Eischeid, die mich an ihren Erfahrungen aus ihrer eigenen Schulzeit und der damaligen Zeit teilhaben ließen.

Und somit möchte ich Sie nun mitnehmen auf eine kleine Zeitreise unserer Schule.

Unsere Schule ist 150 Jahre alt – um genauer zu sein schon 151 Jahre alt. Aufgrund der Pandemie verlegten wir unsere Feierlichkeiten um ein Jahr.  Im Jahre 1870 wurde der erste Grundstein gelegt und am 10. November 1871 –  als „Elsflether Schulpalast“ eingeweiht.

Damals waren die Zeiten für Kinder ganz anders:

Der deutsch-französische Krieg war im Mai 1871 zu Ende gegangen, König Wilhelm zu Preußen wird im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser ausgerufen, ein neues Zeitalter beginnt mit dem deutschen Reich. Rosa Luxemburg, eine spätere Gegnerin des wilhelminischen Geistes erblickte das Licht der Welt. Und in Elsfleth wurde die Huntebrücke eingeweiht und fortan fuhr die Eisenbahn von Hude nach Elsfleth.

Eine Schulpflicht gilt hier bereits ab 1706 – und seitdem und mithin noch vor einer allgemeinen Schulpflicht gehen Kinder in Elsfleth zur Schule. Der Unterricht in Elsfleth fand erst in der Küsterei, dann in einem strohbedeckten Fachwerkhaus auch hier in der alten Straße statt.  Wo genau, habe ich leider nicht herausgefunden.

In einem Heft, das 1871 zur Einweihung der Schule gedruckt wurde, wird begründet, warum es einen Schulneubau geben sollte:

Zitat: „Die Eltern der Schulkinder klagten über Mangel an Licht und frischer Luft für ihre Kinder in den niedrigen Schulräumen der alten Schule; das Strohdach ließ den Regen, die Wände von Bindwerk ließen Luft und Kälte durch.“

Der damalige Hauptlehrer Wellmann sagt in seiner Ansprache zur Einweihung 1871: „Für das Volk, für des Volkes Kinder ist das Beste eben gut genug.“

Aber für den prunkvollen Bau bekam die Stadt vom Landtag schwere Vorwürfe wegen Verschwendung und gleichzeitig wies der Bau auch zahlreiche Baumängel auf.

Der Schulneubau ist trotz allem eine wegweisende Haltung, die auch damals keineswegs selbstverständlich war.

So heißt es in der Elsflether Chronik:

Wer in diesen Jahren – also etwa 1870 – eingeschult wurde, bekam keine Schultüte. Und ein Fest wurde auch nicht gefeiert. Eine Schultasche hatte man nicht, die wenigen Bücher trug man unter dem Arm. Kleidung hatte man von den Geschwistern geerbt.  Lehrer und auch die Eltern waren unerbittlich streng, Prügel gehörte zur Tagesordnung. Als vorbildlich galt ein Lehrer, der seine Schülerinnen und Schüler durch strenge Erziehung an die Tugenden Arbeit und Fleiß, Ordnung und Reinlichkeit sowie Gehorsam und Selbstüberwindung heranführte.

Was sich dem nicht unterordnen wollte, galt damals als nicht förderungswürdig. So sprachen auch damals zur Einweihung 1871 einige Bürger Elsfleths von einem Schulpalast, der manch unnützes Zeug beherberge.

Glücklicherweise ging die Geschichte des Schulpalastes aber weiter.

Bei meinen Recherchen fand ich eine Stellenbeschreibung für unsere Schule aus dem Oldenburgischen Schulblatt vom 5. Juli 1895. Darin heißt es: „Die Hauptlehrerstelle an der Schule in Elsfleth ist zu besetzen. Der jetzige Inhaber der Hauptlehrerstelle tritt am 1. Oktober 1895 wegen zunehmender Schwerhörigkeit in den Ruhestand. Das Schulgebäude ist neu, groß und schön. Es enthält außer sechs Schulzimmern, die Wohnung des Hauptlehrers, bestehend aus: 5 Stuben, 6. Kammern, Küche, Speisekammer, Mädchenkammer, Torfraum und Keller mit Zisterne und drei Stuben und Kammern für drei Nebenlehrer. Der Garten ist 19 a groß. Das Einkommen des jetzigen Inhabers wurde gleich auf 1800 Mark erhöht. Der Hauptlehrer hat zwei Nebenlehrer und eine Lehrerin zu verköstigen. Das Kostgeld wurde 1891 auf 450 Mark erhöht. Für Brennmaterial und Einheizen werden 450 Mark vergütet. Die Schülerzahl beträgt 350.“

Soweit die Stellenanzeige.

Wenn man genau hingehört hat, wurde keine Qualifikation für den Hauptlehrer gefordert, sondern im Gegensatz, man bekam etwas für die Stelle. Darüber sollte man heutzutage auch mal nachdenken. Das finde ich zumindest!

Im Jahre 1921 feierte dann unsere Schule ihren 50. Geburtstag. Die Zeitung druckte unter dem Titel „Zum Jubeltage unserer Volksschule“ folgende Verse ab:

„Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit

Klingt ein Lied mir immerdar!

Und wie liegt so weit, und wie liegt so weit,

was mein einst war.“

Sollte hier eine Anspielung auf das Alter des Gebäudes erfolgt sein? Denn 50 Jahre waren auch damals schon Anlass genug zurückzublicken und man gehörte ja nicht mehr zu den Jugendlichen! Vermutlich werden wir es nicht mehr herausfinden können. Heute sind wir jedenfalls sehr stolz auf das hohe Alter unserer Schule.

Die Zeiten 1921 sind hart, der erste Weltkrieg ist noch nicht lange vorbei – es geht für viele Menschen um Fragen des Überlebens. Der oben erwähnte Zeitungsartikel  beklagt, „dass in dieser  trüben Zeit die geistigen Dinge so niedrig im Kurse stehen, denn die Fragen: Was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden, beherrschen das  Denken vieler Menschen.“

Trotzdem schreibt die Zeitung am 10. November 1921 zum 50-jährigen Jubiläum:

Ein herrlich sonnenklarer Wintertag!

Recht geschaffen zum Jubeln und Feiern!

Gefeiert wurde im Saal der Gaststätte „Lindenhof“ mit Kaffee und Kuchen. Es ist von einer gewaltigen Menschenmenge die Rede. Die Gaststätte Lindenhof befand sich auf dem jetzigen Grundstück des Autohauses Breipohl bzw. dem Brummitreff.

Nochmals zurück: Lehrerinnen und Lehrer aller Elsflether Schulen versammelten sich regelmäßig zur sogenannten freien Schulkonferenz, abwechselnd in den einzelnen Schulen, nachmittags um 2 Uhr.

Ein Kollege / eine Kollegin zeigte eine Unterrichtsstunde, die anschließend besprochen wurde.

1878 gab es bereits die erste freie Schulkonferenz in Elsfleth. Heute würden wir das eine schulinterne  Fortbildung nennen, mit Diskussionen und Qualifizierung in der pädagogischen Kommunikation. Sehr modern. Und es gab 9 bis 10 solcher Treffen im Jahr.

In einem Protokollbuch beginnen die Aufzeichnungen mit der 85. Schulkonferenz am 18. November 1910 um 2 Uhr in der 2. Klasse in Lienen. Es gab eine Lektion biblische Geschichte – „David“ – und eine zweite „Rechnen mit allen Abteilungen“

Wie schwierig in der Zeit des 1. Weltkrieges die Arbeit der Schule gewesen sein muss, geht nur daraus hervor, dass im Schuljahr 1916/17 nur ein einziger Unterrichtsbesuch stattfand. Dafür wurden jedoch mehrere theoretische Konferenzen abgehalten über das Thema „Die Oldenburger Volksschule im Verhältnis zur Einheitsschule.

Der Bericht über die 149. Konferenz, im Jahre 1918, enthielt den Vermerk über das Fernbleiben der Elsflether Lehrerin, Fräulein Sperling, aufgrund mangelhafter Fußbekleidung.

Als unsere Schule ihren 50. Geburtstag feierte, gab es die 185. Schulkonferenz in der 6. Klasse in Elsfleth: 1. Lehrprobe: Anschauung, Die Katze, Herr Jaeschke

2. Lehrprobe: Sprache und Diktat, das lange i, Frl. Thien

 

Fast zur gleichen Zeit wurde meine Oma eingeschult, im Jahre 1923. Sie hatte eine kleine Schultüte – sie wusste noch, dass sich darin eine Semmel und ein Apfel befanden - , es wurde aber nicht gefeiert. Nach der Schule musste sie nachmittags auf dem elterlichen Hof arbeiten, Hausaufgaben erledigte sie nie. Zur Erntezeit, bei schlechtem Wetter oder wenn sonstige Sachen zu Hause anstanden blieb sie der Schule fern. Schule und Bildung waren halt nicht so wichtig. Die Arbeiten zu Hause hatten immer Vorrang.

In dieser Zeit – Weimarer  Republik – kamen  die Ideen der Reformpädagogik vermehrt zur Umsetzung. Es wurde also viel mehr Wert auf selbstständiges Denken und Arbeiten gelegt. Doch diese Neuerungen – Erziehung zu selbstständigen und mündigen Bürgern -  hatten es schwer, sich durchzusetzen. Es würde mich wundern, wenn es in Elsfleth anders gewesen wäre. Während des dann folgenden Nationalsozialismus waren die Erziehungsziele bedingungsloser Gehorsam und Unterordnung.

Das Bild aus dem Jahr 1923 des damaligen Kollegiums vor unserer Eingangstür zeigt fünf Herren, natürlich mit Schlips und Kragen, die zwei Damen selbstverständlich im Kleid.  Ihre Gesichter wirken auf den ersten Blick streng, auf den zweiten zeigen sie aber auch ein Lächeln und weiche Züge und lassen mich auf pädagogische Haltungen auch in finsteren Zeiten vertrauen.

1927 hatte unsere Schule sechs Klassen und sechs Lehrer mit insgesamt 248 Schülern.

Zeitenwechsel – Wir sind im Krieg:

Ab 1939 gab es einen empfindlichen Lehrermangel, da viele an den Fronten kämpften.

Sehr bewegend sind die Eintragungen für das Schuljahr 1944/1945

Am 18. November 1944 wird die Schule wegen Kohlemangels geschlossen, fünf Tage später wird der Unterricht im Gebäude der Mittelschule in der Peterstraße abgehalten, eine Woche vormittags, die nächste Woche nachmittags.

Ab Februar 1945 gibt es verkürzten Unterricht, die Kleinen haben täglich eine Stunde, die Großen zwei Stunden.

Im März wurde die Schule als Lazarett gebraucht. Die wenigen Stunden, die es noch gab, fanden im Bootshaus und im Konfirmandensaal statt.

Von April bis September 1945 wurden die Schulen gänzlich geschlossen, die Lehrkräfte wurden beim Wirtschaftsamt Elsfleth beschäftigt und stellten dort Bezugsscheine aus. Die Schule war erst von kanadischen Truppen, danach von einer amerikanischen Sanitätskompanie besetzt.

Ab September 1945 wurde der Unterricht wieder aufgenommen, aber es fehlten Lehrer, Lehrmittel und Schreibmaterial. Noch im Juni 1947 fehlten 117 Kinder, die keine Schuhe hatten und damit nicht zur Schule kommen konnten.

In einer späteren Festschrift zum Jahr 1947 heißt es: „es bleibt ein Ruhmesblatt in der Elsflether Geschichte, dass nach dem Zusammenbruch mit allen Kräften für die Schulen gesorgt wurde, so dass Oldenburgs Kultusminister bekannte, Elsfleth sei die erste Stadt, deren Bemühungen um den Unterricht vollen Erfolg hatten.

Wenn das nicht mal ein Lob ist. So eines würde ich mir auch mal vom jetzigen Kultusminister wünschen.

Aber, wer in dieser Zeit eingeschult wurde, hatte kaum Grund zum Feiern. Alles war rationiert, Schule fand nicht regelmäßig statt und die Sorge um das Leben, um die Väter oder Brüder war groß.

Das Schulleben ging irgendwie weiter und verbesserte sich nach und nach.

In den dann folgenden Jahren hatte die Schule vermutlich die höchste Schülerzahl, zahlreiche Flüchtlingskinder kamen in den ersten Nachkriegsjahren nach Elsfleth.

Am 11. August 1950 wird der neue Schulpavillon eingeweiht, alle geladenen Gäste werden von der Stadt zu einer Kaffeetafel ins „Cap Hoorn“ eingeladen.  Das Cap Hoorn ist das heutige Alexis.

Das Kollegium lässt sich vor der neuen Pavillontür fotografieren!

Das einzige Einschulungsbild, das ich aus der Zeit gefunden habe ist von 1955. In diesem Jahr wurde auch Frau Eischeid an dieser Schule eingeschult. Sie hatte große Schwierigkeiten sich auf dem Einschulungsbild wiederzufinden. Die Einschulungen damals fanden Ostern statt.  Man beachte die Menge an Kindern am Einschulungstag. Es scheint kalt zu sein, viele Kinder tragen eine Mütze. Frau Eischeid sagt folgendes über ihre Einschulung:

Wir Kinder saßen dichtgedrängt in den uralten Bänken. Die Mütter (Väter waren nicht dabei) standen drumherum. Einige Kinder bekamen Schultüten mit Süßigkeiten, die waren viel interessanter als das, war der Schulleiter Karl Jaeschke uns erzählte. Auch Fibel, Rechenbuch und Griffelkasten waren schon in der Schultasche. Meine Banknachbarin (ich weiß sogar noch den Namen) hat mir am Tag darauf alle Griffel zerbrochen.

Sowas gab es damals also auch schon. Und auch, dass die Neuen mit Spielen und Co begrüßt wurden, durfte nicht fehlen. Wie hier das Bild vom Osterhasenspiel aus dem Jahr 1957 zeigt.

 

Zehn Jahre später, am 24. September 1960 wurde die Turnhalle feierlich eingeweiht. Das war ein Gewinn für den schulischen Sportunterricht, aber natürlich auch für die Nutzung durch den Sportverein.

Für den Bau der Turnhalle bin ich der Stadt heute noch sehr dankbar und sicherlich waren es auch meine Vorgänger. Denn eine Turnhalle direkt nebenan zu haben, ist nicht nur ein unschätzbarer Gewinn für den Sportunterricht sondern auch für Freude an Bewegung und für das Schulleben insgesamt. Und angesichts des Lehrermangels auch ein wichtiger Aspekt, künftige Kolleginnen und Kollegen für unsere Schule zu gewinnen.

Dies gilt auch für den Bau der Schwimmhalle im Jahr 1972.

Hier eine Luftbildaufnahme von 1962.

Vorhin habe ich von der Schulkonferenz gesprochen. Sie wurden in all den Jahren fortgeführt und am 31. August 1963 wurde die 500 Schulkonferenz gefeiert. Eingeladen hatte der damalige Rektor unserer Schule Alfred Grosser. Die Festrede hielt Dr. Berthold Michael, Dozent für Schulpädagogik an der PH Oldenburg, der selbst einmal als junger Lehrer an der Konferenz teilnahm. Er sprach über das Amt des Lehrers. Während sich die Lehrer bei den sonstigen Konferenzen hauptsächlich mit eher eng gefassten Fragen des Schulalltags beschäftigten, rief Michael dazu auf, darüber nicht die grundsätzlichen Bildungs- und Erziehungsaufgaben zu vergessen. Er erinnerte seine Zuhörer daran, den Lehrerberuf nicht als Broterwerb, sondern als Berufung zu sehen.

Dazu passt auch das Zitat von Herrn Bartsch, ebenfalls anlässlich der 500 Schulkonferenz im Jahre 1963: „Unser Schulalltag freilich ändert sich kaum, das haben uns zwei Weltkriege gelehrt. Auch weiterhin wird er aus tausend Kleinigkeiten bestehen: Beugung des Hauptwortes, Dreisatzaufgaben, Diktatberichtigungen, Ausfüllen von Impflisten! Die Schulzeit jedes Kindes umfasst rund zehntausend Unterrichtsstunden und jedes Kind hat Anspruch darauf, dass wir zehntausend Mal mit Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bei der Sache sind. Es hat aber auch Anspruch darauf, dass wir kein „Schülermaterial“, sondern eine Persönlichkeit in ihm sehen und ihm helfen, nach einer fröhlichen Kindheit zu einem gefestigten Menschen heranzureifen.“ Soweit das Zitat von Herrn Bartsch.

1967 wurde der erste Teil der jetzigen Oberschule Elsfleth eingeweiht. Die älteren Schüler unserer Schule wechselten als erste in die neue Schule. Mit der Einführung der Orientierungsstufe 1970 wechselten nun auch die 5. und 6. Klässler an die Wurpstraße. Fortan war unsere Schule eine reine Grundschule.

Die Zahl der Kinder, die die Grundschule besuchten, wurde immer größer: 436 Kinder wurden zur Zeit des 100-jährigen Jubiläums 1971 an dieser Schule unterrichtet!

An diesem Tag lud zu diesem Anlass ein „Tag der offenen Tür“ alle interessierten Elsflether und Ehemalige in die Schule ein. Die war zuvor renoviert und umgestaltet worden.

Renovieren, Umgestalten, Erneuern, sich Neuem verpflichtet fühlen, das sind Schlagworte, die in den folgenden Jahren bis heute die Schule ständig begleiten:

1969 – Keine neue Grundschule!

1972 – Die Schule muss erweitert werden, aber ein Neubau ist nicht grundsätzlich vom Tisch!

1973 – Erst eine Behelfsklasse einrichten, dann ein Verbindungsbau mit Pausenhalle, mehreren Klassenräumen und Verwaltungstrakt zwischen dem Schulpavillon und dem Hauptgebäude.

Seit den 70er Jahren haben meine Vorgänger immer wieder eine Erweiterung und Modernisierung gefordert! Und mussten doch mit teils widrigen Umständen leben lernen. So war das Kriterium zur Einstellung in der Grundschule Elsfleth der Gesundheitszustand. Eine Kollegin berichtete von ihrer ersten Dienstbesprechung an ihrer neuen Schule folgendes: „Ich wurde bei der Klassenraumaufteilung zunächst (und ernsthaft!) gefragt, ob ich bei guter Gesundheit sei. Als ich das etwas erstaunt bestätigt hatte, hieß es: "Gut, dann kannst du in den Klassenraum unten neben dem Werkraum nehmen. Der stinkt, da ist wohl Schimmel in den Wänden."

2011 war es dann wirklich endlich soweit. Der Pavillon wurde mit dem Hauptgebäude verbunden und zahlreiche Modernisierungen wurden vorgenommen. So sagte meine Vorgängerin Margret Schnars zur Einweihung dieses Traktes:

„Deshalb freue ich mich über den Schritt, den wir heute machen können: Die Einweihung des neuen Zwischentraktes. Endlich können wir mit allen Kindern ein Herbstsingen veranstalten, allen Kindern ein Theaterstück vorführen, die Regenpausen für alle erträglicher gestalten, alle Eltern zu einer Versammlung einladen und die Toiletten sind endlich im Gebäude!“

Gefragt, was aus dieser Zeit in Erinnerung geblieben ist, sind es nicht immer die Meilensteine der Schulentwicklung. Viele erinnern sich an eine Geschichte, die sich im Jahr 2011 zugetragen hat. Aufgeschrieben hat sie unser ehemaliger Schüler Marten Eilers, damals als Viertklässler, mit dem Titel „Monsterattacke in der Alten Straße“. Mittlerweile besucht Marten die elfte Klasse des Braker Gymnasiums, er würde sie uns heute gerne vorlesen, er ist aber in genau diesem Moment Trauzeuge für die Hochzeit seiner Schwester. Er freut sich aber, wenn das jemand anders für ihn tut.

Annie aus der Klasse 3a hat sich heute bereit erklärt uns die Geschichte heute vorzulesen.

Die Krähen besuchen uns auch heute regelmäßig. Es scheint, als wäre das Klingelzeichen am Ende der Pause für sie wie eine Einladung, den Schulhof nach Leckerbissen abzusuchen.

2016 wurde dann der vordere Schulhof komplett neugestaltet und in diesem Zusammenhang kaufte die Stadt ein benachbartes Grundstück dazu, so dass der hintere Schulhof um einiges größer geworden ist.

Aktuell besuchen die Grundschule Elsfleth 215 Schülerinnen und Schüler und wie kann es anders sein, sie platzt mal wieder aus allen Nähten.

 

150 Jahre- das spiegelt eine stolze Tradition. Doch Vorsicht: Kaum eine Institution ist so zeitverhaftet wie die Schule.

Wenn sich alles um uns verändert, dann muss sich auch die Schule ändern. Der Kontrast von Bildungszielen im Obrigkeitsstaat in den ersten Jahrzehnten der Grundschule Elsfleth zu denen in unserer heutigen Demokratie und offenen Gesellschaft ist fundamental. Und wir freuen uns, dass wir diesen Wechsel in der Schulgeschichte kreativ befördern konnten.

Völlig geändert hat sich in den Jahrzehnten seit der Gründung das Lebensgefühl von Schülern, Lehrern und Gesellschaft. Die kulturelle Herkunft der Schüler ist inzwischen von großer Vielfalt und Diversität geprägt. Der Migrationsanteil an unser Schule ist über 50 % und unsere Schülerinnen und Schüler sprechen neben Deutsch noch 24 weitere verschiedene Sprachen. Heute sprechen Experten davon, dass 50% der Schülerinnen und Schüler „verhaltensoriginell“ seien. Schulen haben mit notorischer motorischer Unruhe zu kämpfen. Zudem unterscheiden sich die Kommunikationswege wie Tag und Nacht. 1871 lebte die Schule in einer statischen Schwarz-Weiß-Welt, heute machen bewegte Bilder die Welt zu einem flüchtigen Ereignis. Wir können uns die Welt ohne Smartphone und Internet gar nicht mehr vorstellen – dabei liegt die Einführung des Smartphones erst 20 Jahre zurück.  Begriffe wie „Follower“ aber auch „Cybermobbing“ oder ständige digitale Präsenz insgesamt mit ihren vielfältigen sozialen Wirkungen waren noch völlig unbekannt.

Kaum vorstellbar heute: Ende der 60er Jahre wurde noch die Einführung des Matritzendruckers oder auch Blaudruckers als Durchbruch gefeiert. So baten Schüler darum, dass die Lehrkräfte ihre Kopien erst kurz vor der Unterrichtsstunde erstellen sollten, damit man den feinen Geruch noch schnuppern könne. Diese Geräte gehörten dann aber schon Ende der 80 er Jahre der Vergangenheit an. Vermutlich 1985 gab es dann den ersten richtigen Kopierer bei uns und ohne dieses Gerät sind wir auch heute noch aufgeschmissen. Als ich Anfang 2014 an diese Schule kam, konnte ich kaum glauben, dass der einzige Kopierer direkt unter dem Dach steht. Heute steht er dort immer noch, einen besseren Platz habe ich bisher nicht gefunden. Und mittlerweile habe ich mich daran auch schon gewöhnt. Der Einzige, der sich in sehr regelmäßigen Abständen darüber moniert, ist unser Hausmeister Hergen, wenn wieder eine Papierlieferung ansteht.

Genauso wie die Sprachlabore, die Overheadprojektoren, die Computerräume all dies gehört schon wieder der Vergangenheit an. Aktuell befassen wir uns mit Tablets, Glasfaseranschlüssen und leider nicht gut funktionierendem WLAN.

Das sind technische Probleme. Aber zu den wirklich schwierigen Herausforderungen gehören längst globale wirtschaftliche und politische Krisen. Spätestens seit 2015 haben wir in steigendem Maße Kinder von geflüchteten Familien, denen wir uns verpflichtet fühlen, und um die wir uns kümmern. Hier sind wir ganz in der Tradition von humanistischen pädagogischen Idealen und halten das auch durch in Zeiten von Corona. Hier muss ich unserer Schule, unserem Kollegium und allen die uns dabei unterstützen, ein großes Dankeschön sagen. Gerade in Zeiten, die wieder Krieg sehen, wollen wir mit unserer Schule einen befriedeten Raum bieten. 

Umfassende Konzepte, die den Schulalltag bestimmen waren natürlich auch die UN Behindertenrechtskonvention, die Verlässlichkeit der Grundschulen sowie die eigenverantwortliche Schule. Aktuell geht es wohl neben Digitalisierung, Corona, Lehrkräftenachwuchs auch um den Ausbau von Ganztagsschulen.

Das Einzige, was sich in all der Zeit hier nicht geändert hat, sind die schiefen Böden und die Säulen in den Klassenräumen. Welche Schule kann schon sagen, dass sie prunkvolle Säulen in den Klassenräumen hat – auch wenn man als Lehrkraft sich diese Säulen manchmal durchaus wegwünschen würde.

Auch das Aussehen, die Zusammensetzung des Kollegiums ändert sich ständig und unterliegt dem Wandel der Zeit. Hier der Beweis!

Generell sind mehr Offenheit, Flexibilität und Selbstständigkeit gefragt, denn natürlich muss Bildung, die auf ein Leben mit unbekannten Veränderungen und entsprechend neuartigen Anforderungen an alle Schüler heute und in ihrem künftigen Leben vorbereitet, inhaltlich, methodisch und institutionell anders ausgerichtet sein, als im vergangenen Jahrhundert. Bildung muss die Schüler befähigen, die Welt um sie herum zu verstehen, sich darin zu bewegen und sie, wo sie erkennbar bedürftig ist, zu verbessern und zu verändern.

Im 19. Jahrhundert vertraute man noch darauf, das umfassendes Wissen, die Menschen „edel, hilfreich und gut“ mache. In Geschichte und Gegenwart gab und gibt es aber immer wieder formal hoch gebildete Menschen, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten nicht zum Wohle ihrer Mitmenschen, sondern ausschließlich für ihre Machtzwecke und zur Unterdrückung oder gar Vernichtung anderer genutzt haben oder nutzen. Die Welt von morgen braucht aber gerade mehr Kreativität und persönliches Engagement.

Jedes Kind, mit oder ohne Beeinträchtigung, nach seinen Möglichkeiten individuell zu fördern, ist jeden Tag eine immense Herausforderung für unser Engagement gerade angesichts personeller und räumlicher Rahmenbedingungen.

Um weiterhin dem pädagogischen Auftrag und unserer Selbstverpflichtung gerecht werden zu können, müssen alle Schulen ausreichend Freiräume zur Gestaltung von Unterricht und Schulleben bekommen. Lernen und Entwicklung brauchen Zeit, viel Personal, pädagogische Flexibilität und genügend Platz.

Ich bin hier Teil eines fantastischen Teams – mit engagierten Mitarbeitern der Stadt, mit einem tollen Schulelternrat – federführend Frau Hadeler und Herr Wüllner zu nennen, mit kreativen pädagogischen Mitarbeitern, mit einem flexiblen Hausmeister Hergen, einer perfekt organisierten Schulsekretärin Irmgard, zuverlässigen Reinigungsfrauen Lydia und Sandra, einem souveränen Schuldezernenten Herrn Kliegelhöfer und natürlich mit unseren hochengagierten und innovativen Lehrkräften. Ohne ein solches Team wäre ich aufgeschmissen und die Schule nicht das, was sie jetzt ist. Danke, schön, dass ihr Teil dieser Schule seid.

150 Jahre liegen hinter uns. Ich bin gespannt, was noch alles kommen wird!

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

 

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